In ihrer Ausstellung in der KungerKiezGalerie in Berlin im Oktober 2022 zeigte Alraune E. Pietsch Bilder, die ihre Aufarbeitungsphase zum Thema Gewalt und sexueller Missbrauch dokumentieren.
Sie wurde 1947 in einem hessischen Dorf als zweitälteste von acht Geschwistern geboren, ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, war verheiratet und hat zwei Kinder. Nach vielen Jahren des Schweigens und der Sprachlosigkeit über die traumatischen Kindheitserlebnisse war ihre „Flucht“ nach Berlin 1987 und der damit verbundene Lebensumbruch ein Auslöser, das Kindheitsdrama aufbrechen zu lassen. Die Aufarbeitung ihrer Geschichte forderte Alraune zu einem – wie sie es nennt – „seelischen Hochleistungssport“ heraus.
In der Kunst fand sie in den folgenden Jahren nicht nur ein Überlebens-, sondern ein Lebensmittel, eine Heimat. Das Zeichnen und Malen wurden ihr ein entscheidendes und befreiendes Ausdrucksmittel. Die meisten der Arbeiten, die in den Jahren 1989 bis ca. 1992 entstanden, zeigt Alraune erstmals mit dieser besonderen Ausstellung: Angefangen mit Fingerfarben, über Kohlezeichnungen, Pastellkreiden bis zu größeren Öl- und Aquarellbildern.
Ihre Arbeiten drücken sowohl den Schmerz der Seele aus, enthalten aber gleichzeitig auch starke tröstende und behütende Anteile. Diese befreienden und mutmachenden Elemente sind Alraune ganz wichtig. Witzige und skurrile Gestalten bevölkern ihre Bilderwelten. Ausstellungen ihrer Bilder und Objekte der späteren und letzten Jahre zu vielfältigen Themen wurden Orte von berührender Kommunikation.
Alraune hält eine radikale (an die Wurzel gehende) Innenschau, und das auch
im Blick in die Welt. Im Fokus all ihres Schauens und Erkennens steht die
Seele des Menschen, an erster Stelle die Kinderseele:
„Kinder an die Wurzel unseres Denkens!“
„ … ließ mich am Rand des Lebens nieder
und salbte mir die Seelenglieder …“
aus Alraunes Gedicht „Stockrosenzeit“